Monk – ein von Geburt geschundenes Monsterr
"Verwesung", der vierte Band um David Hunter, den forensischen Anthropologen, ist da, und er ist anders als seine Vorgänger: ein ziemlich schnell zu durchschauender Handlungsplot, der mehr als 200 Seiten ohne Blutvergießen und zerschnippelte Leichen auskommt und nur geringe Spannung aufzubauen vermag. Stattdessen konzentriert sich Beckett auf die Atmosphäre, die schaurige Stimmung im Dartmoor, das von alten Zinnminen untertunnelt ist.
Leicht macht es Beckett seinem Leser, indem er ihm gleich zu Beginn das gefühllose Monster Jerome Monk als mutmaßlichen Serienkiller anbietet. Allerdings lässt Becketts Überzeichnung dieser Figur schnell Zweifel an seiner Schuld aufkommen. Monk ist nicht nur hünenhaft groß und kräftig, sondern er ist auch noch mit einem Angst einflößenden, schockierenden Antlitz geschlagen: Inmitten seiner Stirn befindet sich eine tiefe Delle, als hätte ein riesiger Daumen sie eingedrückt. Diese Hirnschädigung führt immer wieder zu Anfällen, in denen er gewalttätig wird, aber sich anschließend leider an nichts mehr erinnern kann.
Als man im Dartmoor eine Frauenleiche exhumiert, bietet sich Monk an, diese zu identifizieren und endlich die Orte preiszugeben, wo die anderen Frauenopfer zu finden sind. (Im Prozess hatte er nur seine Taten gestanden.) Unnötigerweise (dummerweise?) lösen die Polizisten Hand- und Fußfesseln des Schwerstverbrechers, und solch eine Gelegenheit nutzt Monk natürlich zur Flucht. Zwar wird er kurz darauf wieder festgenommen, aber ein paar Jahre später gelingt ihm während des Krankentransportes nach einer Herzattacke ein erneuter Befreiungsversuch.
Nun nimmt Becketts Krimi Fahrt auf, jetzt verknüpft der Autor alle handelnden Figuren miteinander. Das sind die ehemals und die im aktuellen Fall ermittelnden Teams, deren Rang- und Hackordnung, Befindlichkeiten, Affären, Karrierestreben, Dünkel und Arroganz der einzelnen Mitglieder, die vorrangig als Einzelkämpfer agieren. Jeder will den Erfolg für sich allein einheimsen; so sind sie blind und unfähig, die Situation richtig einzuschätzen und den Täter schon vor der Katastrophe zu stellen.
Ein stiller David-Hunter-Krimi. Der Forensiker und Ich-Erzähler ist durchgängig in die recht einspurige Handlung involviert, aber eher als Zuhörer und Retter in der Not denn als Leichenbeschauer.
Der Roman lässt sich schnell und flüssig lesen, aber ihm fehlt das Außergewöhnliche, der Schocker, die nicht auszuhaltende Anspannung und Unruhe, der Reiz des eigenen Recherchierens. Eine Gruselgestalt wie Monk reicht allein nicht aus, um "Verwesung" unvergesslich zu machen.