Ein Kavalleriepferd auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs
Mein Name ist Joey, ich bin ein Ackergaul. Wie Captain Nicholls mich erwarb und ich zum Kavalleriepferd wurde, wie ich in die Militärschule ging, mit dem Schiff von England nach Frankreich gebracht wurde und auf dem Schlachtfeld im Galopp immer nach vorne gegen den Feind •die Deutschen) preschen muss, das will ich euch ganz genau erzählen.
Eigentlich gehöre ich Albert. Aber sein Vater braucht dringend Geld, um den Hof zu sanieren, und deshalb hat er mich Captain Nicholls angepriesen – ich sei das beste Pferd im Dorf. Und damit hat er nicht übertrieben. Nicholls ist begeistert, ein Tierarzt untersucht mich, und der Handel ist perfekt. Erst als sich mein Bauer abwendet, begreife ich, dass mir der endgültige Abschied bevorsteht. Ich muss meinem Schmerz darüber Ausdruck geben, und mein Schreien wird durchs ganze Dorf gehört. Auch Albert ist gekommen; er will mich nicht alleine ziehen lassen, will sich als Freiwilliger melden, aber mit seinen 16 Jahren ist er noch zu jung. Captain Nicholls verspricht ihm, er werde sich immer gewissenhaft um mich kümmern.
In der Militärschule werde ich von einem strengen Corporal zugeritten, der mich mit seinen Sporen piesackt und meinem Maul mit einer quälend klobigen Kandarre zusetzt. Captain Nicholls schaut immer wieder nach mir, malt sogar ein Bild von mir und vertraut mir seine höllische Angst vor diesem sinnlosen Krieg an, in den wir demnächst ziehen werden.
Aber worum es dort geht, verstehe ich es erst dann so richtig, als wir mit dem Schiff aufs Festland gebracht werden und ich viele Schwerverletzte auf Bahren liegen sehe.
Treu und ehrgeizig gebe ich alles für Captain Nicholls, der mit mir aufs Schlachtfeld reitet. Doch dort ist es so grauenvoll, dass ich es nie durchgehalten hätte, wenn ich nicht einen guten Freund gefunden hätte: den schwarzen Hengst Topthorn.
Ob ich Albert jemals wiedersehe, das kann ich euch jetzt noch nicht berichten. Wenn ihr wissen wollt, wie ich all die Gefahren und Abenteuer meistere – sie werden euch sehr traurig, aber manchmal auch wieder glücklich machen -, so lest doch meine ganze Geschichte. Michael Morpurgo hat sie in seinem Roman "Gefährten" für mich aufgeschrieben, und ab Februar 2012 werde ich sogar in den deutschen Kinos zu sehen sein, denn Steven Spielberg hat das Buch schon verfilmt.
P.S.: Dieses ergreifende Jugendbuch beschreibt mit Feingefühl die Realität und Sinnlosigkeit eines Krieges. Die kaum vermeidlichen Grausamkeiten mögen auch manch sensibles Kind in der empfohlenen Altersgruppe •ab 12 Jahren) bedrücken. Andererseits finden sie Entlastung, beispielsweise durch das von allen geschätzte und liebevoll behandelte Pferd Joey. Dieses zuverlässige Tier, das stets sein Bestes gibt, kennt keine Feindschaft und hilft, die Gräben zu überbrücken; zeitweise wird es vor den Karren gespannt, um Schwerverletzte, egal welcher Nationalität, ins Lazarett zu transportieren.
Der Schriftsteller Michael Morpurgo, 1943 in St. Albans, Hertfordshire, geboren, ist einer der bekanntesten britischen Kinder- und Jugendbuchautoren. Seine Werke – es sind mehr als 90 Romane – wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem renommierten "Whitebread Children's Award".