Rezension zu »Der Engel der letzten Stunde« von Manfred Wieninger

Der Engel der letzten Stunde

von


Kriminalroman · Haymon · · Gebunden · 187 S. · ISBN 3852184894
Sprache: de · Herkunft: at

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Melange mit Chilli

Rezension vom 17.03.2009 · 4 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

Der Kriminalroman von Manfred Wieninger beginnt irrwitzig, komisch, endet aber ernst mit einem Hoffnungsschimmer.

In Harland, einem kleinen österreichischen Kaff, wird Privatdetektiv Marek Miert in das barocke Jagdschloss des Kommerzialrats Schieder gebeten. Der todkranke 92-jährige Mann hat einen Auftrag für Miert. Er soll die verschwundene 11-jährige Helene Kafka finden. Welche Veranlassung der Kommerzialrat für diese Suche hat, bleibt bis kurz vor dem Buchende unklar.

Miert nimmt schnell Kontakt mit Helga Kafka, Helenes Mutter auf. Sie ist Alkoholikerin und lebt mit Freund Willi zusammen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Helene durch die Mutter und ihren Lebenspartner zur Prostitution gezwungen wird.

Der Roman ist aus der Perspektive des Privatdetektivs Miert in der Ich-Form geschrieben.

Was den Roman so lesenwert macht, sind seine ungewöhnlichen Beschreibungen. Viele Textpassagen, ergänzt mit Ironie, lassen den Leser innerlich lachen. Vergleiche, wie z. B. "auf einem Hügel liegt die Villa, dieser Alptraum einer ganzen Architektengemeinschaft", verstärken diese Intention.

Sehr skurril ist die ausführliche Beschreibung des Krankenzimmers, in dem Kommerzialrat Schieder in seinem Bette liegt: Auf seiner "Matratzengruft" – das Wort hat Wieninger bei Heinrich Heine ausgeliehen – ist er mit Schläuchen an alle zur Verfügung stehenden medizinischen Hightech-Apparaturen angeschlossen.

Abgerundet wird der Lesegenuß durch nicht enden wollende Aufzählungen – z. B. sämtlicher Arzneimittel, die Schieder einnehmen muß, von Nitroglycerin bis zu Verapamil. Wie mit einem Zoom holt der Autor die kleinsten Details heran, um sie dann pingeligst wiederzugeben.

Das gilt auch für den Protagonisten, Privatdetektiv ("Diskontdetektiv") Marek Miert, der Anzuggröße XXL ("Bagger") trägt. Er lebt allein in einem abrissbedrohten Haus und fährt einen uralten Ford Granada. Niemals würde er in Urlaub fahren, weil er in keinem anderen Land Wasser aus der Leitung trinken würde ...

In der Mitte des Romans wird der Inhalt ernsthafter. Da geht es dann um Judenverfolgung und Ausländerproblematik in Österreich.

Ein unterhaltsamer, absolut lesenswerter Kriminalroman!


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