Rezension zu »Gesellschaftsspiele« von Louise Jacobs

Gesellschaftsspiele

von


Belletristik · Fahrenheit · · Gebunden · 304 S. · ISBN 9783940813176
Sprache: de · Herkunft: de

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Kunst - eine Hure der Galeristen

Rezension vom 15.05.2009 · 3 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

Louise Jacobs' Buch "Gesellschaftsspiele" ist ein Roman über die aktuelle Kunstszene.

Leo Becker, 37 Jahre alt, ist der Protagonist. Nach zehn Jahren freiem künstlerischen Schaffens wird er entdeckt. Eine Ausstellung seiner Werke in einer Galerie bringt den Durchbruch und Erfolg. Leo erhält die einmalige, sensationelle Chance, einige seiner Bilder in New York in der MET auszustellen. Vier Bilder müssen noch fetiggestellt werden, aber Leo ist wie gelähmt; er hält den Druck nicht aus und kann seine Arbeit nicht vollenden.

Das Gesellschaftsspiel hat längst begonnen, und alles ist auf Leo fokussiert. Er hat sich korrumpieren lassen; nur das Geld zählt. Er wird am Marktwert seiner Bilder gemessen. Alle Strategien sind darauf ausgerichtet, den Preis nach oben zu treiben.

Umgeben ist er von vielen Menschen – falschen Freunden -, die wie Statisten zu diesem Spiel gehören. Man trifft sie überall, sie wollen dabeisein, sehen und gesehen werden und nichts verpassen. Man begegnet ihnen in Bars, auf Partys und in anderen Ausstellungen. Wenn man ihnen die Maske vom Gesicht zöge, so bliebe nur Oberflächlichkeit und Belanglosigkeit.

Louise Jacobs zeigt in einem – im gesamten Romantext verteilten – Psychogramm, wie sehr Leo in diesem Spiel leidet: Er ist erfüllt von Selbsthass, Leere, Selbstzweifeln, Schuldgefühlen und vor allem Einsamkeit.

Es gibt nur drei Menschen, die ihm zeitweise etwas bedeuten:

Da ist sein Freund Tobias, der ihm ehrlich seine Meinung sagt ("Du willst ein Held sein und spuckst denen, die dich feiern, ins Gesicht.").

Glückliche Jahre hat Leo mit seiner Frau Rachel verbracht. Sie ist eine Frau mit Minderwertigkeitskomplexen, und erst mit dem Erfolg ihres Mannes wird sie zu seiner ehrgeizigen Managerin. Allerdings steht sie in seiner schlimmsten Lebensphase, als zehn Tage vor dem Beginn der Ausstellung in New York seine Bilder noch nicht fertig sind, nicht zu ihm. Deswegen hängt Leo völlig ab, und Alkohol und Drogen führen ihn auf direktem Weg ins Krankenhaus.

Leos dritter und letzter Anlaufpunkt ist seine ehemalige Freundin Ebba. Während eines gemeinsamen Abends sprechen beide über Leos Arbeit. Er öffnet sich ihr und spricht über seine Ängste und Selbstzweifel. Er hofft diese Beziehung nach seiner Ausstellung in New York wieder aufnehmen zu können.

Beide Frauen lieben ihn, aber Rachel weiß, dass Leo sich schon längst von ihr getrennt hat. Ebba hingegen hat für sich entschieden, dass sie ihr frühere Beziehung zu Leo nicht wieder aufnehmen will.

Das Buch beginnt mit einem Prolog: Leos Beerdigung. Ich finde dieses Stilmittel sehr gut, weil man beim Lesen des Romans viel intensiver auf mögliche Anzeichen achtet, die auf den Tod hinweisen könnten.

Das Cover gefällt mir teilweise: Zwei Diagonale schneiden etwas von der Schrift "Gesellschaftsspiele" weg. Ist dies ein Hinweis auf die Zerrissenheit des Protagonisten?

Mein Fazit: Da das Thema Künstlerszene überhaupt keinen Reiz auf mich ausübt, fand ich das Buch langweilig.

Interessiert habe ich mich allerdings sehr für die Psyche des Protagonisten. Er kann ohne das leicht verdiente Geld nicht leben und willigt kurz nach seiner Ausstellung in die Vorbereitung einer Retrospektive seiner Schaffenszeit ein ... Er ist die goldene Spinne in seinem eigenen Netz.


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