Rezension zu »Geheimnis in Weiß« von Joseph Jefferson Farjeon

Geheimnis in Weiß

von


Weihnachtliches · Teil der Serie »Weihnachtliches« · Klett-Cotta · · Gebunden · 284 S. · ISBN 9783608961027
Sprache: de · Herkunft: gb

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Sechs Reisende suchen einen Mörder

Rezension vom 19.11.2016 · 1 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

Sechs Personen würfelt der Zufall am 24. Dezember in einem Bahn­abteil dritter Klasse zu­sam­men. Um 11.37 Uhr ver­lässt ihr Zug Euston Station, London, mit dem Ziel Man­ches­ter. Doch das seit Tagen an­hal­ten­de Schnee­ge­stöber macht der schweren Dampf­lok das Fort­kom­men unmöglich. Fauchend kommt der Zug bald auf freier Strecke zum Still­stand. Die Schnee­massen sind unüber­windlich.

Was tun? Je nach ihren unterschiedlichen Tempera­menten äußern die Leidens­genossen ihre Ideen. Den Weih­nachts­abend im Zug ver­bringen will keiner. Man könnte versuchen, sich zu Fuß zum Bahnhof Hem­mersby in etwa zehn Kilometer Ent­fernung durchzu­schlagen. Vor so einem toll­kühnen Vorhaben kann der Schaffner ange­sichts der hoff­nungs­losen Wetter­aus­sichten freilich nur warnen.

Egal – Dr. Edward Maltby, 60, bricht als Erster auf. Wissen­schaft­liche Neugier treibt ihn vorwärts. Ihm war zu Ohren gekommen, dass König Charles I. (seit 1649 enthauptet) gesehen worden sei, und als Mit­glied der König­lich-Para­psycho­logischen Gesell­schaft hat ihn der Ehrgeiz ergriffen, den König zu inter­viewen.

Ihm folgen die Geschwister David und Lydia Carrington (anhei­melnde Weih­nachten im Kreis ihrer Familie vor Augen), der Buch­halter Robert Thomson (»um seiner finan­ziellen Zukunft willen« zum Pflicht­besuch bei seiner allein­stehen­den Tante unter­wegs) und die attraktive Revue­tänzerin Jessie Noyes (auf ein Engage­ment am Ziel hoffend). Doch schnell verlieren sie Maltby aus den Augen. Die weiße Wand der Schnee­flocken wird undurch­dringlich, die Fuß­spuren im Schnee verwehen, sie ver­lieren jegliche Orien­tie­rung.

Statt Hemmersby erblicken die vier Wanderer in der Einsam­keit auf einmal ein tief ver­schneites Landhaus vor sich. Im Inneren finden sie die wohlige Wärme knis­ternder Kamin­feuer, einen Kessel mit heißem Tee­wasser, einen fein gedeck­ten Tisch, eine gut gefüllte Vorrats­kammer, aber keine lebende Person. Aus einem schwer vergol­deten Rahmen betrachtet sie das in Öl gemalte Porträt eines Respekt ein­flößen­den alten Herrn. Merk­würdige Geräusche vom Dachboden und ein Brot­messer auf dem Küchen­fußboden geben ihnen zu denken: Irgend etwas kann doch hier nicht mit rechten Dingen zugehen! Dennoch verlocken die vorge­fundenen Annehm­lich­keiten dazu, sich in Valley House wenigs­tens für den Weih­nachts­abend gemütlich und besinnlich einzu­richten. Angesichts der Umstände und der Weih­nachts­zeit wird der Haus­eigen­tümer, wenn er von wo auch immer zurück­kehrt, gewiss Gast­freund­schaft walten lassen.

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Überraschenderweise stehen plötzlich zwei Schneemänner vor der Tür. Der eine ist der ver­scholle­ne Dr. Maltby, der andere ein grob­schläch­tiger Fremder, der sich in breitem Cockney-Dialekt unter dem Aller­welts­namen »Mr Smith« vorstellt und auf neu­gierige Fragen unge­wöhnlich rüde reagiert. Schließ­lich stran­det wenig später auch der sechste Passagier des Abteils, Mr Hopkins, im weih­nacht­lich an­muten­den Haus. Man hatte vermutet, er sei im Zug zurück­geblie­ben, und war darüber nicht un­glück­lich, denn er war dort durch ständiges Nörgeln und Angeben aufge­fallen. Trotz seiner behaup­teten Erfah­rungen mit »richti­gem Schnee« am Yukon wäre er hier ganz in der Nähe fast verschüttet worden und erfroren, hätten Thomson und die Geschwister Carring­ton nicht seine Hilfe­rufe vernom­men und ihn mit vereinten Kräften ins Valley House geschleppt.

Wieder zu sechst vereint, schlittert die Gruppe jetzt in ein myste­riöses Ver­brechens­szenario, das die erhoffte Besinn­lichkeit ihres Weihnachts­abends nicht recht auf­kommen lässt. Dabei geht es um das Ver­mächt­nis des verstor­benen alten Haus­herrn auf dem Ölgemälde. Die Zufalls­gäste tun ihr Mög­lichstes, um all die Geheim­nisse und seltsamen Ereig­nisse, in die sie jetzt ver­wickelt werden, zu durch­schauen. Für zusätz­liche Konfusion und unsere Unter­haltung sorgen persön­liche Animo­sitäten, Rivali­täten und Techtel­mechtel zwischen den unfreiwillig vereinten Hobby-Ermittlern sehr unter­schied­licher Couleur.

Erstaunlich, dass »Mystery in White – a Christmas Crime Story« Joseph Jefferson Farjeon: »Mystery in White« bei Amazon , 1937 ver­öffent­licht, erst jetzt in einer deutschen Aus­gabe erscheint (übersetzt von Eike Schönfeld). Joseph Jeffer­son Farjeon (1883-1955) war zwischen den Welt­kriegen ein bekannter und erfolg­reicher Autor, auf einer Stufe mit den etwa gleich­altrigen Kolle­gin­nen Agatha Christie und Dorothy L. Sayers.

Eine Menge Schnee, ein einsames Spukhaus, ein wenig spiritis­tische Beschwörung, eine kleine Liebelei und einige Tote – das sind die Zutaten dieses unter­halt­samen, dialog­reichen Krimis zur Weih­nachts­zeit. Sein zentrales Konzept ist das Spiel mit den Leser­erwar­tungen. Sechs seltsame Typen in einem Eisen­bahn­abteil – man ahnt, dass das nicht gut gehen kann. Doch nicht im Zug geschieht das Ver­brechen, und ebenso wenig in der grau­samen Schnee­wüste, durch die Farjeon seine Figuren irren lässt, ehe der Zufall sie wider Erwarten erneut vereint. Dann hält der Autor sie in einer klassi­schen Zwangs­lage gefangen, abge­schnitten von der Außen­welt, auf Gedeih und Verderb aufein­ander ange­wiesen und mit myste­riösen Gescheh­nissen kon­frontiert. Mit dem Erscheinen eines rätsel­haften Fremden nimmt die Krimi­handlung erst richtig Fahrt auf und führt in vielen über­raschen­den Wendungen endlich zur Auflösung. Anders als zur Zeit seiner Erst­veröffent­lichung verleiht das Ambiente, von der Dampflok in Euston Station bis zur Eleganz des edlen Land­hauses mit Butler, dem Ganzen heute eine hübsch nostal­gische Atmosphäre.


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