Rezension zu »Der Preis des Todes« von Horst Eckert

Der Preis des Todes

von


Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft, Lobbyismus im Gesundheitswesen, Flüchtlinge als Ressource, Macht und Einfluss der Medien – und die Aufklärung zweier Morde und anderer Verbrechen
Politthriller · Wunderlich · · 416 S. · ISBN 9783805200127
Sprache: de · Herkunft: de

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Auf Kosten der Ärmsten

Rezension vom 07.10.2018 · noch unbewertet · noch unkommentiert

Sarah Wolf ist eine fiktionale Kollegin von Anne Will, Sandra Maisch­berger und Frank Plasberg. Sie steckt gerade mitten in den Vorberei­tungen für ihre noch junge Talkshow aus dem ARD-Haupt­stadt­studio. Ihre Ziele sind hehr. Den Jahrmarkt der Eitelkeiten im Fernsehen, das Sehen und Gesehen-Werden und das Floskel-Pingpong hat sie satt. Ihr geht es um die Menschen hinter den Politiker-Fassaden. Sie möchte sich in ihrer Sendung ihrem Gegenüber so weit annähern, dass der Machtmensch seine Gewohnheit aufgibt, Missstände im Land schönzu­reden und Verant­wortlich­keiten zu vernebeln, und stattdessen Farbe bekennt, auch »Fehler eingesteht«.

Im permanenten Wettstreit um die Einschaltquoten müssen attraktive Gäste zusagen und über ein kontro­verses Problem diskutieren, das den Leuten unter den Nägeln brennt. Für die nächste Runde bei »Sarah Wolf« lautet das Thema: »Der Staat im Griff der Lobbyisten – das Ende unserer Demokratie?« Das Redaktions­team schlägt als Talk-Gast einen Politiker vor, den die Medien wegen vermuteter allzu großer Affinität zur Lobby im Visier haben: Christian Wagner, Bundes­tagsabge­ordne­ter und Spezialist für Gesund­heits­politik.

Dass die Gastgeberin auch ein Privatleben hat, ist legitim, soll aber die Karriere nicht stören. Deswegen darf nicht an die Öffent­lichkeit gelangen, dass sie neuerdings eine Beziehung zu eben diesem Herrn unterhält.

Doch zu der pikanten Begegnung vor laufenden Kameras wird es nicht kommen. Man findet Christian Wagner erhängt in seiner Berliner Wohnung. Haben ihn die jüngsten Veröffent­lichun­gen seiner engen Verflech­tungen mit dem Kranken­hausbe­treiber Samax AG, die sich mit seinem Amt als Staats­sekretär im Gesund­heits­ministe­rium so gar nicht vereinbaren lassen, derart in die Enge getrieben, dass er nicht nur seine politische Karriere, sondern gleich sein Leben aufgab? Sarah Wolf mag daran nicht glauben. Sie will der Wahrheit, wer ihr Geliebter wirklich war, selber auf die Spur kommen.

Indessen wurde in einem Düsseldorfer See eine weibliche Leiche entdeckt. Das Geschoss eines Klein­kaliber­gewehrs hat etwa vier Wochen zuvor den Schädel der Frau durch­schlagen. Sie wird als Johanna Kling identifi­ziert, die als Referentin für die Hilfs­organi­sation »Humanity First Inter­national« gearbeitet und auch Kontakte zu Christian Wagner hatte.

Damit kommt Paul Sellin ins Spiel, der für Vermisstenfälle zuständige Kriminal­haupt­kommis­sar. Er ist zwar Sarah Wolfs Vater, aber seit er zwei Jahrzehnte zuvor seine Familie verließ, hat seine Tochter ein distan­ziertes Verhältnis zu ihm. Den Fall Kling rasch aufzuklären ist ihm eine besondere Heraus­forde­rung, denn er weiß, dass eine Krankheit seiner Lebenszeit eine Grenze gesetzt hat.

Neben der Kripo recherchiert die prominente TV-Moderatorin auf eigene Faust. Was hatte die junge Menschen­rechtsakti­vistin mit Christian Wagner zu tun, was verband den Bundes­tagsabge­ordne­ten mit dem Flücht­lings­lager Dadaab in Kenia, und was hat die Samax AG dort zu suchen? Sie kann auf einen Kreis weitgehend loyaler Mitarbeiter zählen und findet Verbündete in Christian Wagners Umfeld, muss aber auch gegen etliche Widerstände ankämpfen. Um verläss­liche Antworten auf ihre Fragen zu finden, fliegt sie nach Afrika und sieht sich in den Kranken­stationen des giganti­schen Lagers um.

Aus den beiden Todesfällen, mit denen sich der erste der vier Teile dieses Politkrimis beschäftigt, entwickelt der Journalist und Politik­wissen­schaft­ler Horst Eckert einen Plot, dessen Faszination sich aus mehreren Quellen speist. Natürlich will der Leser erfahren, wie die Toten ums Leben kamen und warum. Man ahnt aber, dass viel Größeres und Dramati­scheres dahinter steckt. Deswegen lesen wir die Beobach­tungen in Kenia (im dritten Teil) zunächst unter dem Krimi-Aspekt und forschen nach Zusammen­hängen mit den Morden. Doch dann gewinnen die Einblicke in die politischen und sozialen Zustände in dem Ent­wicklungs­land ihre eigene Dynamik und fesseln uns um ihrer selbst willen. Trotz der eigenen Armut beherbergt das Land in Dadaab seit über zwei Jahrzehnten rund 250.000 Menschen auf der Flucht, vor allem aus dem Bürger­kriegs­land Somalia. Sie werden politisch allenfalls geduldet und hausen in ihrer impro­visier­ten Stadt unter teilweise katastro­phalen Bedingungen. Die chaotischen Umstände bar jeder Kontrollen sind ein verlocken­des Betä­tigungs­feld für die unter­schied­lichsten Initiativen, und der großartige Erzähler Horst Eckert vermag sowohl die Atmosphäre dieser schillern­den, turbulenten Welt als auch die Machen­schaften seiner Akteure darin packend zu schildern.

Dies ist also ein thematisch komplexer Krimi, der in seiner fiktiven Handlung den Medien­zirkus, die Nähe zwischen Medienstars und Politik und zwischen Politik und Wirtschaft kritisch beleuchtet und globale Vernet­zungen aufdeckt. Er erzählt wendungs­reich, manchmal sprunghaft, und illustriert filmreif, was seriöse Journa­listen und Doku­mentatio­nen längst belegt haben: Für die Öffent­lich­keit kaum durch­schau­bare Konzerne verfolgen ihre Wirt­schafts­interes­sen rücksichts- und mitleid­los und beuten zu diesem Zweck selbst die Ärmsten der Welt aus – deren Leben ist »der Preis des Todes«.


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