Rezension zu »Ein Ort für immer« von Graham Norton

Ein Ort für immer

von


Nach einer missglückten Ehe findet Carol Crottie einen liebenswerten Partner, doch als er zum Pflegefall wird, kompliziert sich ihr Leben – durch ihre eigenen Eltern, seine erwachsenen Kinder und ein Immobiliengeschäft mit unerwarteten Geheimnissen.
Kriminalroman · Kindler · · 384 S. · ISBN 9783463000480
Sprache: de · Herkunft: gb

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Spätes Glück, schweres Leid und böse Überraschungen

Rezension vom 20.05.2024 · noch unbewertet · noch unkommentiert

In der englischsprachigen Medienlandschaft ist der äußerst umtriebige irische Schau­spieler, Comedian, Talkshow-Gast­geber und Buch­autor Graham Norton eine populäre, mit einem guten Dutzend Aus­zeich­nungen geehrte Fern­seh­per­sön­lich­keit, die sich auch in der Gay-Community profi­liert hat. Von den acht vorwie­gend humo­risti­schen Büchern, die er seit 2004 ver­öffent­licht hat (zwei Auto­biogra­fien, ein Sachbuch und fünf Romane) hat der Kindler-Verlag seit 2017 die letzteren auf Deutsch heraus­gege­ben, als neuestes »Forever Home« (2022) unter dem Titel »Ein Ort für immer«, übersetzt von Silke Jelling­haus.

Es sind durchweg in Graham Nortons irischer Heimat ange­sie­delte ›Klein­stadt­krimis‹, die von vielen Lesern für ihr Lokal­kolorit, ihre span­nen­den, teils unheim­lichen Fälle, insbe­son­dere aber für die Herzens­wärme und Heiter­keit ihres Erzähl­stils gerühmt werden. Auch »Forever Home« erhielt von den briti­schen Medien höchstes Lob.

Der Ort der Handlung ist die abge­schie­dene (fiktive) Küsten­stadt Bally­toor. Hier fällt Carol Crottie das uner­wartete Glück einer späten zweiten Liebe zu. Als drittes Kind ver­mögen­der Eltern wurde sie Englisch­lehre­rin, verliebte sich in den von allen Kolle­ginnen ange­himmel­ten Sport­lehrer Alex, heira­tete ihn und gebar bald einen süßen Sohn, den sie Craig nannten. Knapp sechs Jahre später ist ihre Ehe mit dem Frauen­held am Ende. Nach der Scheidung steht sie vorerst ohne eigene Einnahmen da, und bald ist ihr Vermögen aus dem Verkauf des ehelichen Hauses weit­ge­hend aufge­braucht oder für Craigs Zukunft inves­tiert (er arbeitet später als Makler in London).

Dennoch hat sie es nicht nötig und auch keine Lust, für ein bisschen Taschen­geld un­talen­tierten Kindern Nachhilfe zu geben. Doch bei Sally Barry macht sie eine Ausnahme. So lernt sie bei unter­halt­samen Besuchen im Hause Barry deren Vater Declan kennen, der Sally und ihren Bruder Killian alleine großzieht, seit er vor einigen Jahren auf myste­riöse Weise seine Frau verlor. Er ist mindes­tens so einsam wie Sallys sympa­thische Nach­hilfe­lehre­rin, und die zieht bald zu ihm in sein Haus.

Zehn Jahre später sind Sally und Killian gar nicht mehr be­geis­tert über die Beziehung ihres Vaters, und beide haben mit eigenen Problemen zu kämpfen. Doch als bei ihrem Vater Alzheimer dia­gnos­tiziert wird, kommt ihnen Carol als für­sorg­liche Betreu­erin und Haus­hälte­rin nicht unge­legen. Auf einfühl­same Weise schildert der Autor, mit welch auf­opfern­der Arbeit, welcher Er­schöp­fung, welchen psychi­schen Belas­tun­gen Carol fertig­werden muss, während der Kranke in eine eigene Welt abtaucht und sich täglich uner­wartet ver­ändert. Schließ­lich hat sich sein Zustand so ver­schlech­tert, dass die Ein­wei­sung in ein Pflege­heim unum­gäng­lich ist. Ehe sich Carol versieht, wird sie des Hauses verwiesen, denn das wollen die Ge­schwis­ter nun schnell zu Geld machen.

So findet sich Carol, die ihr Leben stets selbst­be­stimmt geführt hatte, mit ihren 48 Jahren wieder in ihrem ehe­maligen Jugend­zimmer im elter­lichen Haus. In einer Weise, die Carol kaum ertragen kann, mischen sich ihre Eltern in ihr Leben ein. Ihre resolute Mutter Moira, selbst gut achtzig Jahre alt, hält ihre Tochter für zu passiv und zu naiv, um ihre Zukunft zu gestalten, und nimmt die Zügel in die Hand. Unter dem Namen seiner Firma erwirbt der Vater das zum Verkauf stehende Barry-Haus für seine Tochter, damit es schnell renoviert und im besten Fall mit Gewinn wieder verkauft werden soll. Es versteht sich, dass Declans Kinder sich hinter­gangen fühlen, als sie von diesem Trick erfahren. Heftiger Streit ist vor­pro­gram­miert.

Mit den Renovierungsarbeiten im Hause Barry wird ein Geheim­nis ans Tages­licht befördert, das den Plot mit einer kräftigen Wendung in Schwung versetzt und wachsende Spannung ver­spricht. In der Tat moti­vieren uns weitere Über­raschun­gen zu eigenen Über­legun­gen, wer wie und warum hinter den Rätseln stecken mag. Doch so leicht­füßig sich der Roman auch ent­wickelt und liest, so rea­litäts­fern und durch­sichtig kon­struiert er­scheint der Hand­lungs­gang im kriti­schen Rück­blick. Aus der Schar der aus­giebig darge­stell­ten Charak­tere sticht einzig die agile Mutter Moira heraus. Im Gegen­satz zu ihr haben die Frauen und Männer aus der Gene­ration ihrer Kinder bei Licht betrach­tet eigent­lich be­klagens­werte Schick­sale, und ihre Leben scheinen aus diversen Gründen ver­pfuscht.

Unterm Strich ist Graham Nortons jüngstes Werk nicht mehr als eine nette, seichte Unter­hal­tungs­lek­türe, die man gern und neu­gierig liest, der aber im Verlauf der Hand­lung zu viel ab­handen kommt: der anfäng­lich er­hoffte Tief­gang, die viel­ge­rühmte Warm­herzig­keit des irischen Klein­stadt­lebens, die über­zeu­gende Auf­lösung aller Rätsel.


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