Wechseljahre - Zeit für neue Verhältnisse
Clara (51) und Werner Backmann (61) sind seit 30 Jahren verheiratet. Sie gehören mit ihrem Haus an der Algarve zur Upper Class. Man spielt Golf, fährt einen Land-Rover und ist Mitglied im Lions Club. Ihre Ehe ist nur noch ein Arrangement.
Werner ist immer schon ein arroganter Macho gewesen, der die kostenlose Rundum-Versorgung durch seine Frau für selbstverständlich hält.
In der Öffentlichkeit behandelt er sie despektierlich. Da sie ein "Heimchen" ohne Selbstvertrauen ist, wehrt sie sich nicht gegen seine Unverschämtheiten. Eine Trennung kommt für sie nicht in Frage. Die soziale Absicherung ist ihr immer noch lieber. Sie ertränkt ihren Kummer mit Alkohol, Koffein und Nikotin.
Werner fliegt nach Brasilien, wo er seine Traumfrau trifft. Nach seiner Rückkehr will er sich sogleich von Clara trennen. Statt sich zu freuen, dieses Ekelpaket endlich loszuwerden, fällt diese noch tiefer in Depressionen.
Auf leisen Sohlen betritt sie langsam ihr neues Leben. Sie bevollmächtigt einen Anwalt, ihre Forderungen gegen Werner zu vertreten, kauft sich einen VW-Bulli und erwirbt im öden Alentejo ein großes Grundstück mit einer heruntergekommenen Hütte. Schnell wird sie mit den einheimischen Bewohnern warm, besonders mit Joao (74-jährig) und seiner Ehefrau Ana.
Mit Joaos Hilfe renoviert Clara ihre Hütte. Sie wird selbstbewusst. "Ich selbst mochte mich. Und ich mochte das Leben, das ich mir eingerichtet hatte." (S. 196)
Natürlich erlebt Clara eine kleine Romanze, und Heike und Celeste, zwei überkandidelte Freundinnen, wollen sie gerne "an den Mann bringen" und nerven sie ziemlich.
Mit einem möglicherweise unsicheren Zukunftsprojekt endet die Handlung.
Dieser unterhaltsame, leicht zu lesende Roman ist aus Claras Sicht in der Ich-Form geschrieben. Claras Weg zu neuen Verhältnissen verläuft langsam. Das Ergebnis – Leben auf dem Lande – entspricht völlig ihrem Wesen und Charakter. Immer wieder hält Clara inne und reflektiert über sich selbst mit spitzer, ironischer Feder. Das ist amüsant und witzig.
Portugals Alentejo ist eine karge, von Olivenbäumen geprägte Landschaft; sie ist dünn besiedelt, nur die älteren Einheimischen sind geblieben. Diese strahlen eine Herzlichkeit aus, die förmlich ansteckt. Diese Stimmung wiederzugeben ist Barbara Haskamp durch ihre genaue Beobachtungsgabe und die entsprechende Beschreibung sehr gut gelungen.
Wohltuend ist, dass dieser Roman sich von anderen Frauenbüchern absetzt, indem er nämlich nicht das übliche Klischee der Frauen bedient, die nach der Trennung von ihrem Angetrauten endlich im Turbo-Gang abheben, um alles zu erleben, was ihnen bisher versagt war: jede Menge Bubis mit Geld, Auto und Designerklamotten, Sex im Rausch und zusätzlich noch den Top-Arbeitsplatz, der immer schon auf sie gewartet hat ...
Als interessierte Leserschaft werden sich wohl überwiegend Frauen im Alter 40 plus angesprochen fühlen.