Warum musste Justine sterben?
Wie jeden Sommer treffen sich die Schwestern Vanessa und Justine mit den Brüdern Simon und Caleb, um zu den Cliffs hoch über dem Meer zu fahren. Bis auf Vanessa, die sich fürchtet, sind alle schon oft in die tosenden Wellen gesprungen. Doch ein aufziehendes Unwetter zwingt sie zur Heimfahrt.
Mom, die von dem geheimen Ort weiß, ist wütend. Sie möchte Justine diese lebensgefährliche Mutprobe endgültig verbieten. Schließlich soll sie demnächst Medizin studieren.
Der Leser ahnt, dass sich die Situation zuspitzen wird, ein Unglück unausweichlich ist: Justine ist tot.
Warum ist sie von Boston nachts zu den Cliffs gefahren? War es ein Unglück, wie die Polizei sagt? Warum hat sie ihre Bewerbungen an die Colleges nicht ausgefüllt? War der erwartete Leistungsdruck zu hoch? Was macht das Handtuch in Justines Zimmer? Zuletzt hatte sie es im Haus am Meer benutzt ...
Vanessa, die Ich-Erzählerin, hat einen höchst sensiblen Charakter. Nicht nur ihre Ängste plagen sie, sondern sie hat auch Wahnvorstellungen: Sie hört Stimmen von Sirenen, die sie, wie sie meint, magisch in die dunklen Tiefen des Wassers ziehen.
Dies ist ein typisch amerikanischer Roman. Anlässlich des tragischen Unglücks kommt man zu einer Beerdigungs-Party zusammen ... Weihnachten feiert man mit zweihundert Gästen. Dass Justine und Vanessa sich da verstecken, kann ich gut nachvollziehen.
Das kitschige Cover hat mich zunächst abgeschreckt, aber die Leseprobe war flink zu lesen. Die bedrohliche Stimmung auf den Cliffs, verstärkt durch das aufziehende Gewitter, ist mit Blitzen und Donnerschlägen packend beschrieben. Dann verschwindet Justine plötzlich, um kurz danach mit einem verletzen Knie wieder aufzutauchen. Echt unheimlich.
Bis hierher eine ansprechende Leseprobe mit vielen ungelösten Fragen. Leider fürchte ich, dass Tricia Rayburns Roman "Im Zauber der Sirenen" ins aktuell gefragte Genre "Fantasy" abdriftet. Wem das gefällt, der greife zu.