Viel Glück, Holly
Das zweite Kapitel von Siobhan Dowds Roman erzählt von Holly, dem irischen Mädchen, das keiner haben will. Sie ist vierzehn Jahre alt. Die längste Zeit ihres Lebens verbrachte sie in Templeton House, einem Heim für Schwererziehbare. In ihrem Betreuer Miko hat sie einen guten Freund gefunden. Doch bald wird er weggehen, eine neue Stelle antreten. Es gelingt ihm, Holly zu überreden, die "neuen" Eltern zu treffen, die man für sie gefunden hat.
"Das sind ja Duaps [dumme alte Penner], alle beide. Hundertprozentig," berichtet sie Miko anschließend.
Im ersten Kapitel finden wir Holly am Fährhafen. Sie muss abgehauen sein, bei welcher Gelegenheit und wovon, das wird noch nicht verraten. Sie will auf jeden Fall zurück nach Irland zu ihrer Mutter. Welch glücklicher Zufall: Vor der Fähre hält ein siebensitziger Geländewagen, zwei "grauhaarige Mantelflatterer" - ganz klar "Duaps" - steigen aus und lassen die Türen offen. Schnell schlüpft Holly in das unordentliche Auto, quetscht sich in den Rückraum, deckt sich mit den Mänteln zu. Die Besitzer steigen wieder ein und fahren auf das Fährschiff. Holly lauscht ihrem Gespräch. Auf der Fähre steigen die zwei aus, verschließen das Auto und lassen Holly in Angst und Panik zurück.
Zwar ist das Heimleben für Jugendliche heute nicht mehr so entsetzlich, wie Charles Dickens es zu seiner Zeit beschrieb. Aber es ist immer noch eine Art Gefängnis, aus dem jeder heraus will. Um die Kraft für eine Flucht aufzubringen, lebt Holly ihren Traum von der liebenden Mutter, die immer auf sie wartet. Schließlich ist ihr kostbarster Schatz Mams Bernsteinring in ihrer Muschelschatulle. Wie wird ihre Zukunft aussehen?
Der Weg zum Glück wird für Holly steinig sein, und ich wünsche ihr, dass sie am Schluss des Romans belohnt wird, einen Ort des Glücks finden wird.
Holly verkörpert die echte, glaubhafte Jugendliche, die sich zwar heftig widersetzen und schnoddrig daherreden kann, aber im Kern sehr verletzlich ist. Die Lektüre dieses sehr ansprechenden, reizvollen und spannenden Jugendbuches könnte bei der einen oder anderen pubertierenden Leserin, die ihr Zuhause bisher als völlig uncool empfindet, ein neues Gefühl der Geborgenheit aufkeimen lassen - auch wenn sie dies natürlich niemals zugeben könnte ...