Radeschi, der rasende Reporter
Das Wetter ist sowas von usselig in Mailand: Kälte, Regen, Smog im Dezember. Aber nichts kann die Prominenz davon abhalten, am Ereignis des Jahres teilzunehmen. In der Mailänder Scala wird die Aida aufgeführt, und niemand, der Rang, Namen, Geld und Schönheit besitzt, darf auf diesem Jahrmarkt der Eitelkeiten fehlen. Ein Polizeiaufgebot sorgt dafür, dass die hohen Herrschaften nicht mit dem gemeinen Volk in Berührung geraten.
Derweil rast Enrico Radeschi auf seiner gelben Vespa, Jahrgang 1974, durch die engen Gässchen zu einer Buchhandlung, in der ein Autor sein neues Oeuvre präsentieren möchte. Mit seinen Einnahmen als freier Journalist kommt der 32-jährige Radeschi kaum über die Runden, deshalb hat er zusätzlich den Job eines Lektors in einem winzigen Verlag angenommen und muss nun an der Lesung teilnehmen. Am Ende der Veranstaltung lernt Radeschi die junge französische Studentin Nadia kennen. Eigentlich hasst er japanisches Essen - und insbesondere dieses Szenelokal, in dem sich die Mailänder Schickeria auf großen Tellern kleine Portionen zu überhöhten Preisen vorsetzen lässt. Aber Radeschi ist nicht mehr Herr seiner Sinne, denn der atavistische Jagdinstinkt ist in ihm erwacht. Nur für Nadia isst er die verhassten Sushi, seine Gedanken aber sind schon anderswo, durchlaufen den vielfach erprobten Serienplan, auch wenn der leider schon beim letzen Mal nicht funktionierte. Und dann durchkreuzt auch noch ein totaler Stromausfall seine Eroberungsstrategie - welch schlechtes Omen ...
Paolo Roversi hat mit seinem Journalisten Enrico Radeschi einen liebenwerten Protagonisten geschaffen, der schon im ersten Roman ("Die linke Hand des Teufels") für abwechslungsreiche Unterhaltung sorgte. Zwar ist aus der Leseprobe noch nicht zu erahnen, wie sich die Handlung fortentwickelt, aber sicher bin ich mir, dass Roversi sein Buch mit Humor, Ironie, ein wenig Sarkasmus, einer guten Prise Spannung und sicher mit ganz speziellen Individuen würzen wird.
Daumen hoch für "Tödliches Requiem"!