Null ist nicht gleich Null
Axel ist kein guter Schüler, aber ein Computerexperte. Klausuren stehen an. Er entwickelt einen Virus, der sich im Schulnetzwerk breit machen und es lahmlegen soll. Leider unterläuft ihm aber ein Schreibfehlerchen (eine Null zuviel im Zeitzünderprogramm), und so werden die Prüfungen ohne Zwischenfälle abgehalten.
Am Tag X fallen pünktlich um 7:00 Uhr weltweit alle Systeme aus.
Über dem ländlichen Südschwarzwald stürzen Flugzeuge ab. Die Einheimischen eines kleinen Ortes entgehen knapp einer Katastrophe. Der Autor stellt sie mit feiner, nuancenreicher Sprache überzeugend dar. Unterschiedlichste Charaktere, in allen Facetten glaubhaft gezeichnet, wachsen dem Leser sofort ans Herz. Das ist eine absolute Stärke dieses Romans.
Susanne und Frieder Fausts Ehe ist eine reine Zweckgemeinschaft. Sie ist ein bisschen dümmlich, er dagegen gibt sich, da Verdiener, als berechtigtes Familienoberhaupt. An seinem erwachsenen, immer noch arbeitslosen Sohn beißt er sich allerdings die Zähne aus.
Ausgerechnet ein psychisch kranker Mann bleibt mit seinen Phobien im Aufzug stecken. In seinem Kopf leben drei Stimmen, die da ein Eigenleben zu führen scheinen.
Gegensätze machen Michael Tietzs Roman so reizvoll. Abwärts geht es innerhalb einer Minute für die Einheimischen, stellvertretend für die Menschen der Industriestaaten. Ohne Strom und Wasser werden sie auf die Errungenschaften der Zivilisation verzichten müssen. Wie werden sie in dieser primitiven Umwelt leben? Helfen Sie sich gegenseitig, oder kämpfen sie ums nackte Überleben, und jeder denkt nur noch an sich selber?
Nur aufwärts, vorwärts schauen die Top-Computerexperten. Sie werden in rasantem Tempo Firewalls und Hightech-Systeme erfinden müssen, um den Virus überholen und stoppen zu können! Entweder wird die Menschheit anschließend in einer futuristischen, programmgesteuerten Welt leben, oder alles geht in einem Supergau unter.
Eine geniale, faszinierende Idee, sprachlich anschaulich und fesselnd umgesetzt. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass der Roman ein Schwergewicht ist, denn er füllt über 800 Seiten ... Bleibt man bis zum Schluss dran?