Auch böse Buben bloggen
Der Romanauszug erzählt von einem 42-jährigen Mann, der bei seiner Mutter lebt und offenbar auf deren Hilfe angewiesen ist. Sie achtet täglich auf die richtige Medikation, damit er Ruhe findet. Mir scheint, er ist psychisch krank. Die einzige Möglichkeit, mit anderen Menschen zu kommunizieren, bietet ihm das Internet. Er nennt sich "Blauauge" und hat eine Plattform gegründet: boesebuben@webjournal.com. Täglich teilt er sich in Blog-Einträgen mit und hofft auf große Resonanz.
Seine Gedanken kreisen um seine Mutter, deren aufdringliches Parfum L'Heure Bleue ihn genauso stört wie ihre entsetzliche Sammlung grässlicher Porzellanhunde.
Immerzu aber verfolgt ihn das Böse. Er philosophiert über den perfekten Mord. Sind seine beiden Brüder, ein kleines Mädchen und möglicherweise noch weitere Personen tatsächlich tot? Sind das alles Phantastereien seines kranken Hirns? Wäre er gerne der Aufsehen erregende Täter? Er schreit förmlich nach Aufmerksamkeit.
Ihm (und auch dem Leser) ist klar, dass das Netz eine virtuelle Welt ist, in der jeder seinen geistigen Müll, seine Pornos, aber auch Mordgeschichten abladen kann. Dabei kann man Fiktion und Realität kaum unterscheiden. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Ist der User wirklich der, der er zu sein scheint?
Das Cover, der Buchtitel, der Name des Bloggers – alles wird von der Farbe Blau bestimmt. In der Psychologie steht die klare, kalte Farbe für Kreativität und Ruhe. Sie ist die Lieblingsfarbe der Melancholiker. Ist Blauauge, der Protagonist, also ein in sich gekehrter, klar denkender Mensch auf der Suche nach Wahrheit? Ist er ein psychisch kranker Irrer, der uns Leser in die Abgründe eines fiktionalen, unvorstellbaren Mörderhirns führt? Oder ein Genie? Perfekte Verwirrung!
Da ich weder blogge, twittere noch einen Facebook-Account habe, bin ich mit diesen Welten nicht vertraut. Ich bin irrsinnig gespannt, einen Krimi in dieser Aufbereitung zu lesen. Und ich muss bekennen, dass die Farbe Blau meine Lieblingsfarbe ist ...