Der Junge, der das Jenseits gesehen hat
Holger Karsten Schmidts historischer Roman "Isenhart" spielt im frühen Mittelalter. Die einfachen Menschen glauben an Hexerei. Adlige und Ritter begeben sich auf Kreuzzüge, um das Heilige Land von den Muselmanen zurückzuerobern. Für abendliche Unterhaltung auf den Burgen sorgen umherziehende Sänger und Erzähler, die die Geschichten von König Artus, der Runde seiner Ritter und ihrer abenteuerlichen Suche nach dem Heiligen Gral verbreiten. Lesen und Schreiben nährt nicht den Magen und bleibt den Mönchen in den Klöstern überlassen.
1171 wird der kleine Isenhart geboren. Bei seiner Geburt stirbt seine Mutter, und so wie die Nabelschnur um seinen Hals liegt, scheint auch er tot zu sein. Doch ein Fremder, der zufällig die dunkle Hütte der Hebamme betritt, haucht dem Säugling wieder Leben ein und entschwindet auf Nimmerwiedersehen.
Kaum ist er weg, tritt Walther von Ascisberg auf, der mit seinen Gefolgsleuten schon lange dem Fremden mit seinen dunklen Künsten hinterher jagt. Er will das Baby, einen Bastard, ersticken, doch dessen Lebenswille ist zu stark – er schreit und atmet weiter, denn in ihm steckt die Seele des Wahnsinnigen ...
Also bringt Walther das Kind zu seinem Waffenbruder Fürst Sigismund von Laurin. Dort soll die Ehefrau des Schmieds das Baby stillen, und wenn es den Winter überlebt, soll es mit Konrad, dem Stammhalter, großgezogen werden.
Jahre später wächst zwischen Isenhart und des Fürsten Tochter Anna (Konrads jüngerer Schwester) eine zarte Liebesbeziehung. Da Isenhart bloß ein gemeiner Diener ist und Anna standesgemäß verheiratet werden soll, treffen sich die beiden stets in aller Heimlichkeit im Wald.
Eines Tages findet Isenhart seine Anna am Ort des Stelldicheins zusammengesackt hinter einer Eiche liegend – tot! Jemand hat ihr das Herz aus dem Leib geschnitten. Wer kann so eine abscheuliche Tat begangen haben? Unlängst hatte Walther einen Mörder erschlagen und verbrannt – hat hier vielleicht ein "Wiedergänger", ein Nachahmungstäter sein Unwesen getrieben?
Nachdem Walther ihn erst hatte töten wollen, wird Isenhart, der Junge, der "das Jenseits gesehen hat", schließlich von ihm geschützt.
Welche Zusammenhänge mögen uns hierhin führen? Was mag es mit dem geheimnisvollen Fremden auf sich haben?
Das Genre des historischen Romans ist immer wieder eine tolle Möglichkeit, auf unterhaltsame Weise in Zeiten einzutauchen, von denen man schon viel gelesen und in der Schule gelernt haben mag; aber immer wieder erfährt man Neues oder frischt zumindest sein Wissen auf. Besonders reizvoll wird dieser Vorgang natürlich, wenn das Ganze in einem spannenden Krimi verpackt, der Sprachstil des Autors eingängig ist, Figuren und Handlungsorte authentisch beschrieben sind – so wie bei "Isenhart", der nicht nur treue Fans historischer Romane begeistern wird.