"In der Weihnachtsbäckerei" - oder doch nicht
Wie schön hat diese Leseprobe begonnen: Am ersten Montag im Dezember treffen sich zwölf amerikanische Freundinnen zum gemütlichen Beisammensein. Sie plaudern bei Kerzenschein und geschmücktem Tannenbaum. Dabei verteilen sie ihre mitgebrachten selbstgebackenen Christmas cookies. Sie sollen an liebe Freunde und Verwandte verschenkt werden. Ein Teil wird dem Hospiz gespendet - charity ist eine Selbstverständlichkeit in den USA.
Leider geht die charmante, heimelige Geschichte nicht so weiter. Im Gegenteil. Gleich im nächsten Kapitel genießt die Ich-Erzählerin im Traum einen Geschlechtsverkehr mit Orgasmus. (Die Schilderung finde ich abgeschmackt.) Sie ist Mutter zweier Kinder von zwei verschiedenen Männern. Der erste starb sehr früh an Leukämie. Der zweite liebte auch andere Frauen, und die Scheidung folgte zwangsläufig.
Während die Erzählerin ein Backblech nach dem anderen mit cookies belegt, beschreibt sie neben ihren eigenen Schicksalsschlägen auch die ihrer Töchter: Sky ist zwar glücklich verheiratet, durchleidet aber eine Fehlgeburt nach der anderen, während ihre Schwester Tara, die noch die highschool-Schulbank drückt, von einem Ex-Knacki ungewollt schwanger wird.
Die über mehrere Seiten ausgebreitete Beziehungsgeschichte zwischen der Ich-Erzählerin/Mutter und dem wesentlich jüngeren Jim ist kaum auszuhalten. Liebt er mich, lieb' ich ihn? Hier kann man Gänseblümchen zupfen.
Im Rückblick ist schon klar, dass die Autorin keineswegs (wie mir anfangs schien) ein heimeliges Weihnachtsmärchen schreiben wollte. Nein, sie setzt auf ein drastisches inhaltliches Kontrastprogramm. Aber leider finde ich dieses langatmig und voller Klischees.